Die EU die keiner braucht
Prof. Dr. Norbert Geng Professor für Unternehmensrecht:
Der Titel meines Vortrags ist mir eingefallen, als ich mir in einer ruhigen Minute einmal die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft angeschaut habe. Als Nicht-Schweizer ist man überrascht, dass Bern nicht Hauptstadt der Schweiz ist sondern(nur) der Sitz des Bundesrats und einiger Bundesbehörden. Ein Staatswesen ohne Hauptstadt im herkömmlichen staatsrechtlichen Sinn könnte man als Marotte eines eigensinnigen Kleinstaates abtun. Aber das ist es ganz und gar nicht. Die Entscheidung der Schweiz gegen eine Hauptstadt wurzelt in einem traditionellen Misstrauen gegenüber jeder Form von Zentralismus und das zu Recht.
Nach der Präambel der Schweizer Verfassung ist der Bund das Resultat eines Willens-
 entschlusses der Kantone und des Volks. Diese haben sich einen Bundesstaat gegeben
 mit klaren Aufgaben. Zunächst einmal sind die Kantone und die Gemeinden zuständig, 
 Aus-nahme ist die Zuständigkeit des Bunds. Dezentralität geht also vor Zentralismus. 
 Zusammen mit einer starken direkten Demokratie macht dies den Kern Schweizer Ver-
 fassungswirklichkeit aus. Man kann die Schweiz zu diesem Modell nur beglückwün-
 schen. In der EU sieht das grundlegend anders. Sie ist in vielem ein Gegenentwurf zur 
 Schweiz. Die EU setzt auf Zentralisierung bis in die intimsten Lebensbereiche. In Brüs-
 seler Hinterzimmern werden fernab demokratischer Legitimation „Projekte“ ersonnen, 
 die dann in den Mitgliedsstaaten umzusetzen sind. Von diesem System profitiert die 
 nationale Exekutive, die in diesem Prozess ein enormes Übergewicht hat. Über Brüssel
 hebelt die Exekutive die nationale Gewaltenteilung aus und degradiert das Parlament 
 zu Hause zu einem Erfüllungsgehilfen europäischer Politik.
Die Europäische Union war von Anfang an ein Projekt der politischen Eliten und Büro-
 kraten. Bevor man von einer Europäischen Union reden kann, sollte erst einmal 
 geklärt werden, was Europa überhaupt ist. Eine allgemein akzeptierte Definition 
 Europas scheitert schon daran, dass man sich nicht einmal auf die geografischen 
 Grenzen einigen kann. Reicht Europa bis zum Ural, gehört vielleicht auch der nörd-
 liche Kaukasus dazu? Wie willkürlich der Begriff „Europa“ ausgedehnt wird, zeigt sich 
 am Beispiel der Türkei. Sie soll Teil Europas sein und damit der EU beitreten, ob-
 wohl die Gemeinsamkeiten mit dem Rest Europas nicht gerade sehr groß sind.
Um dem Problem der geografischen Festlegung aus dem Weg zu gehen, wird Euro-
 pa kurzerhand zur Idee erklärt. Europa sei kein Ort sondern eine Vorstellung, so 
 etwa Bernard-Henry Lévy.
Die Vorstellung von Europa ist mittlerweile für das politische Establishment zu einer
 fixen Idee geworden, zu einer Besessenheit, die, um mit der deutschen Kanzlerin 
 zu sprechen, alternativlos sein soll. Statt von einer Idee zu reden, könnte man 
 das Ganze auch als Hirn-gespinst bezeichnen. Viele Politiker reden nicht nur von 
 einer Idee sondern sogar von einer europäischen Vision. Der frühere deutsche 
 Bundeskanzler Schmidt hat einmal gesagt, dass Politiker, die Visionen hätten, 
 besser zum Psychiater gehen sollten. Trotz dieser Einsicht hat er sich vehement 
 für die Vision einer gemeinsamen europäischen Währung eingesetzt - mit den 
 heute zu erlebenden visionären Ergebnissen. Europa verursacht bei mir keine 
 Visionen - das hat es noch nie - sondern mittlerweile handfeste Alpträume.
Europa hat es in der Geschichte als politische oder staatliche Einheit nie gegeben. 
 Ich maße mir nicht an, Europa zu definieren. Aber einer Sache bin ich mir sicher: 
 Europa ist nicht die EU. Natürlich versuchen die Eurokraten, das Urheberrecht an 
 Europa für sich zu beanspru-chen. Sie maßen sich die Deutungshoheit darüber an, 
 was Europa ist und vor allem wie es zu sein hat. Jeder der dann gegen sie argu-
 mentiert, ist dann per Definition ein Antieuropäer, ein Nationalist, ein geschichts-
 vergessener Idiot oder sogar ein Kriegstreiber. Er landet meist ganz schnell in der 
 rechten Ecke und befindet sich automatisch im Verteidigungsnotstand.
Die erste wichtige Erkenntnis in jeder Diskussion über Europa ist folgende: Die EU 
 ist nicht gleichzusetzen mit Europa sondern sie ist ein politisches Projekt, das auf
 Voraussetzungen basiert, die es nicht gibt. Das wird klar, wenn man Art. 10 Abs. 4 
 des Vertrags von Lissabon liest: „Politische Parteien auf europäischer Ebene 
 tragen zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins ... der Union
 bei.“
Das heißt also, dass wir, um nach Europa zu gelangen, zunächst einmal unser 
 Bewusstsein ändern müssen. Wir müssen - angeleitet durch die politischen Parteien
 - unsere Einstellung zu Europa modifizieren, um mental endlich dahin zu gelan-
 gen, wo die Politiker schon längst sind. Die Parteien haben den Auftrag, in unser 
 Gehirn oder vielleicht unser Unterbewusstsein einzudringen und uns die Not-
 wendigkeit der EU einzutrichtern. Ein treffenderer Begriff für Bewusstseinsbildung 
 wäre Gehirnwäsche oder Umerziehung. Diese Bestimmung im Lissa-boner Vertrag 
 erinnert mich an die Verfassungen der früheren kommunistischen Staaten. Dort war
 auch ständig die Rede von Bewusstseinsbildung unter Anleitung der Partei.
 Teilweise wird von den Eurokraten argumentiert, Europa sei eine Wertegemeinschaft.
 Warum müssen denn Staaten, deren Bevölkerungen im Wesentlichen denselben 
 Wertvorstellungen folgen, zu einem Überstaat zusammengefasst werden?
Auch das Argument „Nie wieder Krieg in Europa“ ist taugt nicht als Rechtfertigung 
 für eine EU. Der Versuch, in Europa Instabilität und Kriegsgefahr dadurch zu über-
 winden, dass man ein Kunstgebilde schafft hat schon im Fall der Sowjetunion nicht 
 funktioniert. Auch eine jahr-zehntelange Diktatur mit Panzern, Straflagern und
 totalitärer Ideologie hat nicht ausgereicht, um ein Auseinanderfallen und kriegerische
 Auseinandersetzungen unter den Nachfolgestaa-ten zu verhindern. Der Slogan von 
 der EU als zweiter EUdSSR liegt da gar nicht so fern? Die EU trägt teilweise schon 
 totalitäre Züge.
Was mit der Vision von Europa à la EU gemeint ist, lässt sich am besten anhand
 ihrer Anfänge erklären. Der Kern der heutigen Union entstand nach dem Zweiten 
 Weltkrieg mit der Montanunion, die nach französischen Vorstellungen die Kontrolle 
 über die kriegswichtigen Bereiche Kohle und Stahl sicher stellen sollte. Frankreich 
 hatte außerdem ein Interesse an einem Zugriff auf die deutschen Kohlelagerstätten 
 im Ruhrgebiet und sah durch die Montan-union die Möglichkeit, den deutschen 
 Einfluss auf die Ressourcen zu kontrollieren und den Nachschub für die eigene 
 Stahlindustrie zu sichern. Deutschland zahlte mit der Montanunion den Preis für die 
 Annäherung an die künftigen westlichen Verbündeten. Seitens der Politik wurde 
 diese Vergemeinschaftung als europäisches Friedensprojekt gefeiert und wer konnte
 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg schon gegen den Frieden und damit gegen die 
 Montanunion sein.
Natürlich brauchte man für die Montanunion Behörden: die Hohe Behörde, die Ge-
 meinsame Versammlung, der Besondere Ministerrat und einen Gerichtshof. Es 
 wurde ein Verwaltungs-apparat mit vielen und teuren Mitarbeitern aufgebaut, der 
 nichts anderes tat als zu verwalten. Durch die Tätigkeit dieser Behörden wurde keine
 zusätzlich Tonne Kohle gefördert oder Stahl produziert.
Die Montanunion wird als die Geburtsstunde Europas gefeiert. Tatsächlich war sie die 
 Geburtsstunde eines Monstrums.
Dieses erste europäische, besser französisch-deutsche Projekt trug die typischen 
 Züge poli-tischer und bürokratischer Projekte. Nach dem Willen der Politiker war die 
 Montanunion auf 50 Jahre also bis 2002 vereinbart. Doch schon Mitte der 60er 
 Jahre hatte sich die Montan-union erledigt, da im Zuge der wirtschaftlichen Veränd-
 erungen deutsche Kohle und deut-scher bzw. französischer Stahl nicht mehr wettbe-
 werbsfähig waren und beispielsweise die Kohle deutlich billiger importiert werden 
 konnte. Zudem wurde Kohle nach und nach durch Öl substituiert.
Natürlich überstieg es die beschränkte Vorstellungskraft der europäischen Visionäre, 
 dass sich die Welt bereits innerhalb weniger Jahre ändern und die Montanunion auf 
 dem Müllhau-fen der Geschichte landen würde. Manche Politiker reagieren ja em-
 pfindlich darauf, wenn sich die Wirklichkeit nicht an ihre Programme und Befehle hält.
Die Montanunion bestand trotz ihrem faktischen Ende in den 60er Jahren bis 
 zum Jahr 2002 - einschließlich der dazugehörigen, nutzlosen Bürokratie und der 
 Kosten. Sie beschäftigte sich dann mit der Subventionierung der nicht mehr wettbe-
 werbsfähigen Industrien und verur-sachte über die nächsten Jahrzehnte Kosten in 
 Höhe von mehreren Hundert Milliarden Euro. Noch heute kostet die unrentable 
 Kohleförderung den deutschen Steuerzahler jährlich Milli-arden von Euros. Jeder 
 Arbeitsplatz wird mit mehr als 100.000 Euro im Jahr subventioniert. Es wäre billiger
 , die Arbeiter bei vollem Gehalt nach Hause zu schicken. Das Einzige was die 
 Montanunion zustande gebracht hat, waren immense Bürokratie- und Subventions-
 kosten. Dieser Befund ist symptomatisch für die Europäische Union. Egal ob Land-
 wirtschaft, Energie oder Infrastruktur: Die EU ist eine gigantische Maschinerie zur 
 Fehlallokation und Wohlstandsvernichtung. Bürokratischer Wahnsinn mit Methode.
Schon in den 50er Jahren ging das Ziel in Richtung der Schaffung dauerhafter 
 europäischer Institutionen und Behörden. Dagegen regte sich in Deutschland 
 Widerstand auch in der Bundesregierung. Ein Teil der Regierungsmitglieder hielt 
 es für ausreichend, Vereinbarun-gen über eine Freihandelsgemeinschaft zu treffen 
 ohne institutionellen Überbau. Diese Ansicht hat sich leider nicht durchgesetzt.
Die weitere Entwicklung bis zur heutigen Union verlief nach dem Muster der 
 Montanunion. Nachdem die Bürokratie mit Kohle und Stahl ihr erstes Betätigungs-
 feld geschaffen hatte wuchs natürlich der Appetit auf weitere europäische Helden-
 taten. So wurde 1957 die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) gegründet, 
 die 1993 zur EG (Europäische Gemeinschaften) mutierte.
Als Resultat ist die Schweiz heute umgeben von EU-Territorium und allein schon 
 wegen der Infrastruktur auf das Wohlwollen ihrer EU-Nachbarn angewiesen. Sie ist 
 dadurch natürlich erpressbar. Die Mitgliedstaaten der EU bilden ein Kartell, das 
 der Schweiz fortlaufend Bedin-gungen diktiert, die dann als bilaterale Übereinkom-
 men verkauft werden. Dies führt zu einer zunehmenden Erosion der Souveränität 
 und Freiheit der Schweiz. Wenn beispielsweise Schweizer Banken nicht die Konto-
 daten von EU-Steuerflüchtlingen herausrücken oder den Steuereintreiber für 
 deutsche Finanzämter spielen, dann wird schon einmal mit der Infanterie gedroht
 Oder man setzt den Geheimdienst ein, um Bankangestellte zu Straftaten anzustiften
 oder macht sich zumindest die Ergebnisse dieser Straftaten zunutze. Der Schweizer
 Rechts-staat kann dann fast nicht anders als zu kapitulieren, will er sich nicht den 
 Zorn Brüssels und seiner Satelliten zuziehen.
Welche Blüten diese Politik und dieses (Un-)Rechtsverständnis treiben, kann man 
 an der Ankündigung der Zürcher Kantonalbank erkennen, die vor kurzem kundgetan 
 hat, keine grö-ßeren Bargeldbeträge mehr an Ausländer auszuzahlen. „Wir zahlen 
 Ausländern keine grös-seren Mengen Bargeld mehr aus“, sagte Urs Ackermann, 
 Pressesprecher bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). „Wir sind in einer neuen Welt, 
 und da ist es klar: Wer grosse Bargeld-beträge abziehen will, der will sie vor den 
 Steuerbehörden verstecken“, sagt Ackermann weiter.[1] Wie der Tagesanzeiger auch
 berichtet, wurde Urs Oberholzer, der Präsident der ZKB, an der Grenze zu Deutsch-
 land gefilzt. „Wir wissen schon, wer Sie sind“, hieß es an der deut-schen Grenze.[2]
Es ist schon ein unglaublicher Vorgang: Eine Bank weigert sich also, das Geld an 
 seinen Eigentümer zurückzugeben, weil dieser generell verdächtig ist. Das sind 
 Methoden, wie man sie aus Diktaturen kennt. Jeder ist verdächtig, solange er 
 nicht seine Unschuld nachgewie-sen hat. Und aus Angst vor Sanktionen wird im 
 vorauseilenden Gehorsam Folge geleistet, um den Diktator nicht zu verärgern. 
 Die Bildung des europäischen Bewusstseins - siehe Art. 10 des Lissaboner Vertrags
 - ist also bei dem Pressesprecher der Zürcher Kantonalbank bereits in vollem Gange.
Dieses Beispiel zeigt die hässliche Fratze der EU: Bist Du nicht willig, so brauch ich 
 Gewalt. Ich kann daher die Gemütslage der Schweizer Bürger sehr gut nachvollzie-
 hen, die bereits 1992 den Beitritt zur damaligen EWG abgelehnt haben.
Warum wir die EU nicht brauchen, wird auch am Beispiel des Euro klar, der ja die 
 Krönung der europäischen Einigung darstellen soll. Der Euro war von Anfang an ein
 politisches Pro-jekt, d.h. ein Projekt gegen jede wirtschaftliche und finanzpolitische
 Vernunft. Aus französi-scher Sicht diente der Euro dazu, die als störend empfun-
 dene Hegemonie der Mark zu be-enden und sie nach dem Prinzip der Montanunion 
 u vergemeinschaften. Irgendein französi-scher Minister hat die Deutsche Mark ein-
 mal als Nuklearwaffe der Deutschen bezeichnet.
Das Projekt Euro war von französischer Seite der Versuch, um den wirtschaftlichen
 Abstand zu Deutschland dadurch zu verkleinern, dass man die im Vergleich zur eige-
 nen Währung erfolgreichere Mark abschaffte. Zumindest trägt der Euro dazu bei,
 die wirtschaftlichen Un-terschiede zu verschleiern, die in den Wechselkursen ihren 
 Ausdruck finden. Die „grande nation“ muss sich seitdem nicht mehr an für Abwert-
 ungen des Franc gegenüber der Mark schämen.
Die deutsche Regierung erkaufte sich mit dem Euro die Zustimmung Frankreichs zur
 Wie-dervereinigung. Auch hier sehen wir wieder das Prinzip Montanunion. Politischer
 Kuhhandel geht vor Vernunft. Auf dem Altar des Euro werden seitdem Stabilität 
 und Wohlstand geopfert. Durch den Euro wurden und werden hemmungslose Schul-
 denmacher belohnt und geradezu aufgefordert, finanzielle Misswirtschaft zu betrei-
 ben. Die jetzige Eurokrise ist die notwendige Folge dieses politischen Irrsinns und 
 bewirkt genau das Gegenteil dessen, was uns die Poli-tiker versprochen haben näm-
 lich Instabilität statt Stabilität.
Durch den Rettungsschirm, an dem sich Deutschland mit mehr als 200 Mrd Euro 
 beteiligt, wollen die europäischen Visionäre die Probleme beseitigen, die sie 
 selbst durch die Einfüh-rung des Euro verursacht haben. Die deutsche Regierung 
 hat die Steuereinnahmen künftiger Generationen verpfändet zugunsten Griechen-
 lands, Irlands und der anderen Pleitekandida-ten. Ihnen als Schweizer kommt es 
 wahrscheinlich unwirklich vor, dass das deutsche Volk weder über den Vertrag von
 Lissabon noch über die Einführung des Euro abstimmen durfte und dass unser 
 nationales Parlament - der Bundestag in Berlin - die Beschlüsse in Brüssel im 
 wesentlichen nur noch abnicken konnte. Der deutsche Bundestag ist kein Parlament
 mehr sondern so etwas wie die ehemalige Volkskammer der DDR: ein pseudodemo-
 kratisches Feigenblatt, das die Entscheidungen der Moskauer Zentrale auszuführen 
 hatte.
Da nun jedem die Aussichtslosigkeit des Euro klar wird, reagieren Brüssel und 
 Merkel mit dem Argument, Europa brauche eine Wirtschaftsregierung. Die 
 Union müsse auf wirtschafts- und finanzpolitischem Gebiet unbedingt weiter ver-
 tieft werden, dann würden die europäi-schen Heilsversprechen schon wahr werden.
 Das erinnert mich fatal an die Propaganda der ehemaligen SED-Führung, die be-
 hauptete, die wirtschaftlichen Probleme der DDR seien auf zu wenig Sozialis-
 mus zurückzuführen. Man müsse den glorreichen Weg zum Sozialismus nur kon-
 sequent weiter beschreiten, dann werde das kommunistische Paradies nicht länger
 auf sich warten lassen. Noch kurz vor dem Mauerfall äußerte DDR-Staatschef 
 Honecker an-lässlich des 40-jährigen Jubiläums der DDR-Staatsgründung: „Den 
 Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“. Nicht lange nach dieser 
 Aussage war er auf der Flucht nach Moskau.
Merkel behauptet in diesen Tagen ständig, der Euro sei unser (deutsches) Schick-
 sal. In Wahrheit ist der Euro eine Falle, die gerade zuschnappt und aus der die euro-
 päischen und damit meistens die deutschen Nettosteuerzahler nicht mehr herauskom-
 men werden. So et-was nennt man Sklaverei. Ich habe diese Sklaverei satt.
Mit dem Euro sind die Probleme eines Landes plötzlich die Probleme der anderen, 
 d.h. der Nettozahler und es entsteht die Gefahr eines finanzpolitischen Flächen-
 brands. Merkel hat mit der Transferunion mehrfach die deutsche Verfassung gebro-
 chen. Dass sie es mit der Verfassung nicht so ernst meint, wenn sie ihrer Politik im 
 Weg steht, stellt sie täglich unter Beweis.
Der Druck, den die EU gegenüber der Schweiz aufbaut, lässt sich - so meine Ver-
 mutung - vor allem auch damit begründen, dass die Schweiz in den Augen der Brüs-
seler Bürokraten ein permanenter Störfaktor ist. Sie zeigt der EU, wie es anders
 und besser geht. Da man es aber nicht anders und nicht besser machen will, muss
 man die Alternative bekämpfen und die Unterschiede im großen europäischen Ein-
 heitsbrei verkochen. Die Schweiz ginge dann in einem großen Europa auf und wäre
 als Störfaktor vom Tisch. Die neutrale Schweiz würde dann zu einer neutralisierten.
Die Eidgenossenschaft braucht die EU weder in Sachen Demokratie noch in Sachen 
 Rechtsstaat. Schaut man sich die wirtschaftlichen Daten an, so braucht die Schweiz 
 auch hier keinen Vergleich zu scheuen. Die EU ist ein Verein von Bankrottkandidaten, 
 sie leidet und chronisch hoher Arbeitslosigkeit und die Sozialversicherungssysteme 
 sind so gut wie pleite.
Die Schweiz hat es zum Beispiel geschafft, seit den 90er Jahren die Schulden des 
 Bundes kontinuierlich zu senken. Die Schuldenquote liegt bei knapp über 40% - und
 das bei einer Steuerbelastung ihrer Bürger, die im EU-Vergleich ihresgleichen sucht. 
 Von Arbeitslosigkeit zu reden, ist überflüssig und die sozialen Sicherungssysteme der 
 Schweiz sind deutlich soli-der finanziert als die der EU-Staaten.
Ein weiterer fataler Aspekt der EU ist die Gleichmacherei. Unter dem Vorwand, die 
 Men-schen in Europa hätten einen Anspruch auf gleiche Lebensverhältnisse, macht 
 Brüssel Vor-gaben über die korrekte Krümmung der Bananen oder des richtigen 
 Abstands der Löcher in Ledergürteln. Zugegeben, dies sind lächerliche Auswüchse
 eines Regulierungswahns, die man gerne als Anekdoten zum besten gibt. Aber da-
 hinter verbirgt sich ein ernstes Problem. Ausgehend von der sozialistischen Über-
 zeugung, dass ungleiche Lebensverhältnisse per se ungerecht sind, müssen diese 
 eingeebnet werden. Es darf nicht sein, dass es den Menschen in Europa unter-
 schiedlich gut geht. Erst dann, wenn es allen gleich schlecht geht, haben wir ein 
 Höchstmaß an Gerechtigkeit erreicht. Das gilt selbst dann, wenn hinterher alle 
 schlechter dran sind und wenn es vorher auf deutlich höherem Niveau den Leuten 
 unterschiedlich gut ging aber eben nicht gleich gut.
Auf wirtschaftlichem Gebiet ist die EU nichts weiter als eine gigantische Subventi-
 onsmaschinerie. Brüssel setzt den EU-Haushalt im Wesentlichen dazu ein, die Lobby-
 gruppen zufrieden zu stellen, die sich am Brüsseler Hof Gehör verschaffen. 
 Schätzungsweise mehr als 25.000 Lobbyisten, die von den unterschiedlichsten Inte-
 ressengruppen bezahlt werden, verbringen den Tag mit nichts anderem als damit, 
 Einfluss auf die Kommission und andere Organe der EU zu nehmen, um Privilegien 
 und Subventionen durchzusetzen. So werden im Vorfeld der Entscheidungen und
 in der Dunkelzone politischer Schattenwirtschaft die Weichen gestellt. Das dumme 
 Stimmvolk bleibt außen vor und darf dann hinterher bezahlen.
Die EU ist zutiefst demokratiefeindlich. Brüssel koordiniert die meisten Politikbe-
 reiche und ca. 80 Prozent des nationalen Rechts werden mittlerweile aus Brüssel
 vorgegeben und vor-formuliert. Die nationalen Parlamente können nur noch voll-
 ziehen, werden also zu Ausfüh-rungsorganen degradiert. Das sogenannte Europäi-
 sche Parlament ist weder europäisch noch ein Parlament. Europäisch ist es nicht, 
 weil es Europa nicht gibt. Und ein Parlament ist es nicht, weil es die Exekutive
 nicht wirksam kontrollieren kann und will. Es ist ein Spielball der nationalen Regie-
 rungen und der Kommission, in der hinter verschlossenen Türen zu-sammen mit 
 schlagkräftigen Lobbys geschachert und gekungelt wird.
Eine direkte Demokratie, die die Exekutive und das Parlament korrigieren 
 könnte, gibt es nicht. Laut Vertrag von Lissabon sieht die direkte Demokratie in Euro-
 pa folgendermaßen aus (Art. 11 Abs. 4):
 „Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betra-
 gen und bei denen es sich um Staatsngehörige einer erheblichen Anzahl von Mitglie-
 dstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Europäische Kom-
 mission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen
 zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines 
 Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen.“
Dies ist absurd und hat mit direkter Demokratie nichts zu tun. Die Hürden für eine 
 sogenannte Volksabstimmung sind so hoch, dass sie in der Praxis nicht erreichbar. 
 sind. Selbst wenn es gelingen würde, eine Million Bürger zu mobilisieren, wäre das
 Ergebnis eine Farce! Die Volksabstimmung hätte nur Aufforderungscharakter und
 die Kommission könnte sie einfach ignorieren. Rechtsetzungsakte durch den ober-
 sten Souverän selbst und damit echte Volks-abstimmungen und echte Demokra-
 tie sind also in der EU überhaupt nicht vorgesehen. Dies offenbart das abgrundtiefe
 Misstrauen Brüssels und auch der nationalen Regierungen ge-genüber dem eigenen
 Stimmvolk. In Art. 10 Abs. 3 des Vertrags von Lissabon wird dann scheinheilig betont:
 
 „Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union
 teilzunehmen.“
Welches demokratische Leben, frage ich mich da. Etwa die Wahl von Abgeordneten 
 zum Europaparlament als Wurmfortsatz der Brüsseler Bürokratie?
 
 Unglaublich ist in diesem Zusammenhang noch die Aussage in Art. 11 Abs. 1 des Ver-
 trags von Lissabon: „Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgern und den 
 repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in al-
 len Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.“
Welch eine Gunst, die Brüssel den Bürgern hier gewährt! Sie dürfen doch tatsächlich 
 ihre Ansichten öffentlich äußern! Um meinen Mund aufzumachen, brauche ich nicht 
 die Genehmigung Brüssels.
Die wenigsten werden wissen, wie der Vertrag von Lissabon zustande gekommen ist.
 Es gibt dazu einen Bericht einer englischen Abgeordneten, Gisela Stuart in der Sunday
 Times vom 7. Dezember 2003. Sie ist gebürtige Deutsche, lebt seit Jahrzehnten im
 Vereinigten König-reich und ist Abgeordnete der Labour-Partei im britischen Unter-
 haus. In dieser Eigenschaft wurde sie von der englischen Regierung als Mitglied in 
 die Kommission nach Brüssel ge-schickt, die eine Europäische Verfassung erarbeiten
 sollte.
Den Vorsitz der Kommission hatte ein „großer Europäer“, der frühere französische 
 Staats-präsident Giscard d´Estaing. Frau Stuart berichtet, dass die Arbeit dieser 
 Verfassungskom-mission darin bestand, dass man den 13 Mitgliedern einen Ent-
 wurf der Verfassung in einem verschlossenen braunen Umschlag überreichte, den 
 sie nicht mit nach Hause nehmen durf-ten. Es wurde auch nicht gesagt, wer 
 den Entwurf geschrieben hatte. Frau Stuart vermutet, dass es im Wesent-
 lichen Giscard d´Estaing und Sir John Kerr, ein früherer hochrangiger Mitarbeiter 
 im britischen Außenministerium waren. Die Kommissionsmitglieder konnten den 
 Entwurf zur Kenntnis nehmen. Änderungswünsche wurden von Giscard d´Estaing 
 nicht zu-gelassen. Während des Abendessens blieb den Kommissionsmitgliedern 
 kaum Zeit, den Entwurf zu diskutieren. Ein paar Tage nach der Übergabe des 
 braunen Umschlags wurde der Entwurf der Verfassung der Öffentlichkeit präsentiert
 und zwar als Ergebnis der harten Arbeit der Kommission.
Als in den folgenden Monate Kritik am Verfassungsentwurf aufkam, einigte man sich
 im Prä-sidium der Verfassungskommission auf verschiedene Kompromissformeln. Als
 sich darauf hin einige Kommissionsmitglieder weigern wollten, den geänderten Ent-
 wurf zu akzeptieren, warnte Giscard d´Estaing sie vor den furchtbaren Folgen, die es
 haben würde, wenn sie jetzt den Entwurf zu Fall bringen würden. Bei anderer Ge-
 legenheit sagte d´Estaing: „Sie müssen das tun. Dann werden die Einwohner Denk-
 mäler von Ihnen in den Dörfern errichten, aus denen Sie kommen.“
So, meine sehr verehrten Damen und Herren, lief also die Geburt der Verfassung für
 Europa ab. Wie schon erwähnt durften die Deutschen nicht über diese Verfassung 
 abstimmen, die dann in Vertrag von Lissabon umbenannt wurde. Wo kämen wir 
 denn da hin, wenn der deut-sche Wähler, dessen europäisches Bewusstsein noch 
 nicht genug entwickelt ist, über etwas so Wichtiges abstimmen dürfte.
Zum Abschluss meines Vortrags möchte ich Ihnen ein Angebot machen: Lassen Sie
 uns, d.h. die AUNS und die Partei der Vernunft die Vorteile der Schweiz offensiver 
 kommunizieren und so die Nutzlosigkeit und Gefährlichkeit der EU offen legen.
Ich habe die Befürchtung, dass die Schweiz irgendwann einmal dem massiven Druck
 aus Brüssel nicht mehr stand halten kann und immer europäischer wird, d.h. ein 
 nivelliertes Mit-glied unter vielen anderen. Dies wäre ein enormer Verlust für Euro-
 pa und die Werte, die Eu-ropa ausmachen, nämlich Freiheit, Rechtsstaat und Demo-
 kratie. Ich habe die Freiheit an erster Stelle genannt und das mit gutem Grund. Ohne
 Freiheit ist alles nichts.
Die Schweiz muss deshalb nicht europäischer werden sondern Europa schweizeri-
 scher. Die Schweiz hat lange vor der EU das bessere Europa verkörpert und wird
 dies hoffentlich noch lange nach der EU tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Auf-
 merk-samkeit und wünsche der AUNS und der Schweiz weiterhin viel Erfolg.
 * * *
[1], [2] Tagesanzeiger vom 21.03.2011 - Geldblockade an der Bahnhofstrasse

											
	

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